Alles digital – und was macht das Personal?
16. Jahrestagung des AKempor, Universität Salzburg 2018
Der Megatrend der Digitalisierung und aktuelle Entwicklungen wie Big Data, das Internet der Dinge, künstliche Intelligenz oder Blockchain deuten auf tiefgreifende Veränderungen in vielen Bereichen von Organisation und Management hin. Neben neuen Formen der Leistungserstellung (etwa Industrie 4.0) treten Phänomene wie eine zunehmende Öffnung von Organisationen gegenüber ihrem Umfeld, automatisierte Möglichkeiten der Informationsgenerierung und Entscheidungsfindung oder auch neue Möglichkeiten der Organisation betrieblicher Abläufe auf den Plan (George, Haas, & Pentland, 2014; Hirsch-Kreinsen & ten Hompel, 2015; Redlich, Moritz, & Wulfsberg, 2018; van Rijmenam, Schweitzer, & Williams, 2017). Von diesen Entwicklungen ist sowohl Personal im Sinne von Personalmanagement oder Human Resource Management (HRM) als auch Personal im Sinne von MitarbeiterInnen in Organisationen oder arbeitenden Menschen im Allgemeinen betroffen.
Etablierte Forschung zu electronic HRM (eHRM) hat bereits in vielerlei Hinsicht gezeigt, wie die Nutzung von Informationstechnologien operative, relationale und strategische Dimensionen des HRM verändert (Bondarouk & Ruël, 2009; Marler & Parry, 2016; Stone & Dulebohn, 2018; Strohmeier, 2007). Neuere Entwicklungen, wie etwa smart HRM (Strohmeier, 2018), künstliche Intelligenz im HRM (Strohmeier & Piazza, 2015a) oder HR Analytics (Marler & Boudreau, 2016; Minbaeva, 2017; Strohmeier & Piazza, 2015b) deuten darauf hin, dass Veränderungen dieser Art auf Ebene von HRM Praktiken, Programmen oder Systemen sowie auf strategischer Ebene weiterhin stattfinden werden. Sie eröffnen dem Personalmanagement eine Reihe von Möglichkeiten für die (Neu)gestaltung von HRM Aufgaben (wie z.B. Personalbeschaffung, -auswahl oder -einsatz) bringen aber auch Herausforderungen für das Personalwesen oder HRM als organisationale Funktion und Berufsfeld wie Fragen nach Rollen und Kompetenzen, Legitimation, Macht/Prestige und Professionalisierung.
Die technologischen Möglichkeiten erlauben es auch, Arbeit in neuen Formen zu gestalten. Diese reichen von IT-gestützten Bürokonzepten (flexible offices/hot desking) (Appel‐Meulenbroek, Groenen, & Janssen, 2011) über breite Möglichkeiten mobiler Arbeit (Schaffers, Brodt, Pallot, & Prinz, 2006) bis hin zu plattform-basiertem Arbeiten via Crowdsourcing-Plattformen (Brabham, 2013). Arbeit in solch verstreuten/virtuellen Umgebungen konfrontiert sowohl die arbeitenden Menschen als auch die involvierten Organisationen mit einer Reihe an Chancen und Herausforderungen, vor allem im Hinblick auf Arbeitsgestaltung und effektives Management von Arbeit und Freizeit/Familie (Ellmer & Reichel, 2018; Kuhn & Maleki, 2017). Dies betrifft Themen wie Motivation, Arbeitskultur, Identifikation und Loyalität, Vertrauen und Kontrolle von Arbeitsleistung vor allem von Seiten der Organisationen ebenso wie Fragen der (betrieblichen) Mitbestimmung, individueller und kollektiver Interessensvertretung sowie Subjektivierung, Entgrenzung und Grenzmanagement zwischen Familie/Freizeit und Beruf auf Seiten der arbeitenden Menschen.
Nicht zuletzt eröffnen gegenwärtige Entwicklungen der Digitalisierung auch neue Möglichkeiten im Hinblick auf Methoden der empirischen Personal- und Organisationsforschung. Daten und Sinnspuren, die Organisationen und Individuen im Netz hinterlassen, eröffnen neue Größen- und Qualitätsdimensionen empirischer Materialien („volume“, „velocity“ und „variety“) (George, Osinga, Lavie, & Scott, 2016; Kitchin, 2014). Dazu zählen etwa Daten in sozialen Medien, aber auch Daten, die über die Arbeitsgeräte von Personen in Organisationen gesammelt werden (Meta-Daten) und die mittels neuartiger Software und Analysemethoden zugänglich werden. Dadurch können das Verhalten von Organisationen und (potenziellen) ArbeitnehmerInnen auf völlig neue Weise in den Blick genommen werden.
Vor diesem Hintergrund widmet sich die AKempor 2018 breit den aktuellen Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung im Bereich Personalmanagement/HRM, Organisationsforschung und Arbeit. Beispielhafte thematische Fragestellungen sind:
- Wie verändern eHRM/smart HRM-Applikationen operative, relationale und/oder strategische HR Prozesse?
- Welche Implikationen haben IT im HR für die Rolle(n) und den Status von HRM als organisationale Funktion oder Berufsfeld?
- Wie können Möglichkeiten der Digitalisierung dazu beitragen, Potenziale für Organisationen und MitarbeiterInnen zu nutzen und deren Herausforderungen zu bewältigen?
- Welche Wirkungen haben Möglichkeiten der Digitalisierung auf die Gestaltung von Arbeit und welche Herausforderungen ergeben sich für arbeitende Menschen und Organisationen?
- Welche methodischen Möglichkeiten eröffnen neue Phänomene der Digitalisierung der empirischen Personal- und Organisationsforschung?
Im Mittelpunkt der Tagung stehen insbesondere empirische Beiträge zum skizzierten Tagungsthema. Ebenso willkommen sind theoretisch-konzeptionelle Beiträge. Eingeladen sind auch Beiträge aus angrenzenden Disziplinen, wie der Arbeits-und Organisationspsychologie, der Arbeitssoziologie, des Arbeitsrechts, der Arbeitsmedizin oder der Wirtschaftsinformatik, die sich mit den Fragen der Digitalisierung im Bereich Personal, Organisation und Management beschäftigen.
Selbstverständlich sind auch Beiträge willkommen, die sich mit anderen interessanten Themen der Personal- und Organisationsforschung jenseits des Tagungsthemas befassen.
Einreichung von Beiträgen
Eingereichte Beiträge werden begutachtet. Zur Vorbereitung des Reviewprozesses bitten wir Sie, die geplante Einreichungen unter Angabe eines Arbeitstitels bis zum 30.7.2018 bei Astrid Reichel (astrid.reichel@sbg.ac.at) anzumelden. Ihre Beiträge in englischer oder deutscher Sprache reichen Sie bitte bis 3.9.2018 bei Astrid Reichel (astrid.reichel@sbg.ac.at) ein. Rückmeldung an die AutorInnen erfolgt bis 2.10.2018.
Es sind zwei Beitragskategorien vorgesehen:
- Kurzpräsentation (work-in-progress) mit Diskussion: Extended Abstract mit max. 1.500 Wörter exkl. Literaturverzeichnis
- Klassischer Vortrag mit ausführlicher Diskussion: Full Paper mit max. 8.000 Wörter exkl. Literaturverzeichnis
Anmeldung zur Tagung
Wir bitten um Anmeldungen zur Tagung bis zum 15.10.2018. Anmeldeformular und weitere Informationen zur Jahrestagung finden Sie ab Mitte Juni 2018 unter https://akempor.wordpress.com/tagungen/tagung-2018/
Kontakt
Univ. Prof. Dr. Astrid Reichel: astrid.reichel@sbg.ac.at
Mag. Claudia Huter-Henhapl (Sekretariat): claudia.huter-henhapl@sbg.ac.at, +43 (0) 662 / 8044-3727
Human Resource Management Group, Kapitelgasse 5-7, 5020 Salzburg
References
Appel‐Meulenbroek, R., Groenen, P., & Janssen, I. (2011). An end‐user’s perspective on activity‐based office concepts. Journal of Corporate Real Estate, 13(2), 122–135.
Bondarouk, T. V., & Ruël, H. J.M. (2009). Electronic human resource management: Challenges in the digital era. The International Journal of Human Resource Management, 20(3), 505–514.
Brabham, D. C. (2013). Crowdsourcing. Massachusetts: MIT Press.
Ellmer, M., & Reichel, A. (2018). Crowdwork from an HRM Perspective – integrating Organizational Performance and Employee Welfare (Working Paper No. 01).
George, G., Haas, M. R., & Pentland, A. (2014). Big Data and Management. Academy of Management Journal, 57(2), 321–326.
George, G., Osinga, E. C., Lavie, D., & Scott, B. A. (2016). Big Data and Data Science Methods for Management Research. Academy of Management Journal, 59(5), 1493–1507.
Hirsch-Kreinsen, H., & ten Hompel, M. (2015). Digitalisierung industrieller Arbeit: Entwicklungsperspektiven und Gestaltungsansätze. In B. Vogel-Heuser, T. Bauernhansl, & T. ten Hompel (Eds.), Handbuch Industrie 4.0 (pp. 1–20). Berlin: Springer.
Kitchin, R. (2014). Big Data, new epistemologies and paradigm shifts. Big Data & Society, 1(1), 1-12.
Kuhn, K. M., & Maleki, A. (2017). Micro-entrepreneurs, Dependent Contractors, and Instaserfs: Understanding Online Labor Platform Workforces. The Academy of Management Perspectives, 31(3), 183–200.
Marler, J. H., & Boudreau, J. W. (2016). An evidence-based review of HR Analytics. The International Journal of Human Resource Management, 28(1), 3–26.
Marler, J. H., & Parry, E. (2016). Human resource management, strategic involvement and e-HRM technology. The International Journal of Human Resource Management, 27(19), 2233–2253.
Minbaeva, D. B. (2017). Building credible human capital analytics for organizational competitive advantage. Human Resource Management, 1(6), 1.
Redlich, T., Moritz, M., & Wulfsberg, J. P. (Eds.). (2018). Interdisziplinäre Perspektiven zur Zukunft der Wertschöpfung. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden.
Schaffers, H., Brodt, T., Pallot, M., & Prinz, W. (2006). The Future Workspace: Perspectives on Mobile and Collaborative Working. Luxembourg: EUR-OP.
Stone, D. L., & Dulebohn, J. H. (Eds.). (2018). The brave new world of eHRM 2.0. Research in HRM. Charlotte: Information Age Publishing.
Strohmeier, S. (2007). Research in e-HRM: Review and implications. Human Resource Management Review, 17(1), 19–37.
Strohmeier, S. (2018). Smart HRM – a Delphi study on the application and consequences of the Internet of Things in Human Resource Management. The International Journal of Human Resource Management, 2(3), 1–30. https://doi.org/10.1080/09585192.2018.1443963
Strohmeier, S., & Piazza, F. (2015a). Artificial intelligence techniques in human resource management? A conceptual exploration. In C. Kahraman & S. C. Onar (Eds.), Intelligent Systems Reference Library. Intelligent techniques in engineering management: Theory and applications (pp. 149–172). Cham: Springer.
Strohmeier, S., & Piazza, F. (Eds.). (2015b). Human Resource Intelligence und Analytics: Grundlagen, Anbieter, Erfahrungen und Trends. Wiesbaden: Springer Gabler.
van Rijmenam, M., Schweitzer, J., & Williams, M.-A. (2017). A distributed future: How blockchain affects strategic management, organisation design & governance. Proceedings of the Academy of Management 2017 Annual Meeting.